MENSCHENMÖGLICH


Es ist ein rares Vorkommen, wenn die Cadogan Hall ausverkauft ist und sich das Londoner Publikum zu Standing Ovations hinreißen lässt, merkte ein Londoner Musikagent beim Verlassen des Konzertorts an. Beides ist gestern geschehen. Nicht weniger schön ist, dass mit unserem Landeshauptmann eine Gruppe Menschen aus Oberösterreich gekommen ist, um uns in der englischen Weltstadt zuzuhören. - Dies bedeutet mehr als Rückendeckung, wir verstehen diese Präsenz als große Wertschätzung unseres Klangdaseins als internationaler Botschafter unserer Heimat. Unsere Tour ist erfolgreich, dies kann man beruhigt behaupten. Aber ist der eigentliche Erfolg nicht der, dass ein Chor aus Bournemouth, englische Musikerinnen und Musiker für das Fernorchester, zwei deutsche Solistinnen und wir, das BOL - in dem selbst Menschen aus mehr als 20 Nationen spielen - sich unter der Leitung eines bayrischen Chefdirigenten in einer Symphonie von Gustav Mahler treffen, verständigen und ein gemeinsames Ereignis schaffen, das keine Grenzen, Reisepässe oder sonstige Unterschiedlichkeiten kennt. Auf die Viefalt der Zuhörenden, will ich dabei erst gar nicht vergessen. In der griechischen Wortwurzel der Symphonie steckt das Zusammenklingen. In Mahlers Musik kulminieren selbst Jahrhunderte der Musikgeschichte, Einflüsse unterschiedlicher Klangherkünfte von der italienischen Oper, unserem Landler bis hin zu böhmischen Musikantengesang und avantgardistischer Kollagenarchitektur in einem transpersonalen Stück Weltmusik. Menschen treffen sich für eineinhalb Stunden auf diesem genialen Symphoniengelände und erfahren, dass alles Trennende im puren Menschsein eine Illusion ist. Auf Reisen zu gehen, bringt mit sich, Grenzen zu überwinden. Die Musik macht es menschenmöglich.  
NT

Das 3. Konzert in der Londoner Cadogan Hall. Foto: Reinhard Winkler

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