Die Saison 2018.19
"In der kommenden Saison begeben wir uns auf die Suche nach unseren
eigenen Wurzeln. Das meine ich nicht nur im musikalischen Sinne, wir
gehen ins Land hinaus. Wir stellen den Begriff Heimat ganz zentral in
den Mittelpunkt! Wir, als Orchester sind der absoluten Überzeugung, dass
Heimat etwas Einladendes und nichts Ausgrenzendes ist. Das Bruckner
Orchester Linz ist das beste Beispiel dafür: Täglich spielen
Musikerinnen und Musiker aus über 20 Nationalitäten wie aus einem Atem
und das ist jeden Tag ein Stück Heimat, das wir gemeinsam entstehen
lassen. Wir wollen dieses Gefühl des Gemeinschaftlichen, was Heimat
sicherlich auch ist, hinaus tragen und mit den Menschen in Kontakt und
Berührung sein.“
Markus PoschnerChefdirigent
„Das Bruckner Orchester Linz ist die internationale Visitenkarte des
Kulturlandes Oberösterreich und zeitgleich tief in unserem Bundesland
verwurzelt. In der neuen Saison wird das Bruckner Orchester Linz zum
Oberösterreich-Orchester: Eine eigene Tournee quer durch das ganze
Bundesland – frei nach dem Motto ‚raus aus der Stadt, rein ins Land‘ –
freut mich als Landeshauptmann ganz besonders.“
Mag. Thomas StelzerLandeshauptmann
HEIMAT!
Eine Ermunterung von Norbert Trawöger
Ich weiß nicht, was soll ich bedeuten,
hat der
Wiener Komponist, Sänger und Dichter Georg Kreisler Heinrich Heines Lied
von Loreley sanft umgedeutet. Gewiss ist uns nur der Tod. Auf die
Frage, wer wir sind, gibt es selten eindeutige Antworten. Sich auf eine
Reise zu begeben, in Bewegung zu bringen, kann etwas bedeuten, Bedeutung
finden lassen. Grenzen kommen ins Spiel, das oft keines mehr ist. Auf
Reisen zu gehen, bringt mit sich, diese zu überwinden. Alles Fremde ist
im Moment der Berührung gleich gar nicht mehr so fremd wie zuvor.
Gemeinsam zu musizieren (in keiner anderen Sprache gibt es ein eigenes
Wort für Musik machen), sich in einer Sinfonie, in einer Oper, einem
Lied zu treffen, zu verständigen und ein gemeinsames Ereignis zu
schaffen, kennt keine Grenzen, Reisepässe oder sonstige Herkunfts- und
Aufenthaltsthematiken. Musik ist Heimat, für Spielende und Zuhörende
gleichermaßen. Alle Menschen werden vielleicht nicht gleich Schwestern
und Brüder, aber eine Sinfonie kann eine Erfahrung sein, dass alles
Trennende im puren Menschsein eine Illusion ist. Die Musik macht es
menschenmöglich. Faszinierend in diesem Zusammenhang ist es, ein
Orchester als funktionierendes Gesellschaftsmodell zu betrachten. Im
Bruckner Orchester Linz spielen tagtäglich Menschen aus mehr als 20
Nationen zusammen. Unterschiedliche Muttersprachen spielen dabei
überhaupt keine Rolle. Es geht einzig um das Ereignis, um das Ereignen
eines Kunstwerks, das natürlich eine gemeinsame Suche in den Partituren
bedingt. Eine Suche, die einen unverwechselbaren Dialekt zeitigt, eine
gemeinsame klingende Identität finden lässt, welche unverkennbar ist.
wenn man nicht weiß, was man nicht weiß, kann man nicht danach fragen,
heißt
es auf einer Einsichtskarte der Dichterin Elfriede Gerstl. Unwissenheit
schützt nicht vor Kultur, auch nicht vor Heimat. Kultur hat viel mit
dem Boden zu tun, auf dem wir leben. Heimat auch. In unserem Fall ist
unser Kulturland lange grundbevölkert durch Ingredienzien wie Weihrauch,
Walzer, Gabel, Löffel und Messer, griechischer Wein von Udo Jürgens und
Grüner Veltliner aus dem Burgenland, Bruckners Sinfonienmassive und
Schachtelsätze von Thomas Bernhard, Kirchen in jedem Ort, vierkantige
Bauernhöfe, Most und flügelverleihende Energiegetränke, die ich genau
so wenig mag wie Lieder aus dem Musikantenstadl, aber es hilft nichts. –
Sie gehören zu uns, wie die Wurzeln unserer Blasmusik, die sich bei den
Jantischaren finden. Wie Bruckners Orgelspiel, das in den Wänden der
Basilika von St. Florian eingebrannt ist: Das einst Hörbare ist völlig
lautlos da, die Kultur, die Heimat – wenn auch nicht allen Menschen
ungehindertes Aufenthaltsrecht zugestanden wird. Kultur gibt uns bei aller Wandelbarkeit festen Grund, klare Ausgangspunkte zum Aufbrechen ins Offene, Heimat.
Dem Bruckner Orchester Linz ist seine Identität im Namen
eingeschrieben. Einschreibungen nützen nichts, wenn sie nicht von neuem
gelesen werden, wie Partituren, deren Notationen, Zeichen ewig befragt
werden müssen, um das Kunstwerk zu entschlüsseln. Markus Poschner und
das BOL sind dem auf der Spur. Der Bruckner tanzt und singt höchst
ungeniert wie zu Hause, von wo er kommt. Wir kommen von dort. Ich weiß
nicht, was es bedeuten soll, aber hören wir nicht auf, danach zu fragen und vor allem zuzuhören. Das ist Heimat.
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